GKV-Spitzenverband 1, Berlin
AOK-Bundesverband GbR, Berlin,
BKK Bundesverband, Essen
IKK e.V., Berlin
Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, Kassel
Knappschaft, Bochum
Verband der Ersatzkassen e. V., Berlin

1Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V.


Verfahrensgrundsätze zur Vorschrift über die Erstattung bzw. Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen gemäß § 62 Abs. 1, 2 und 3 SGB V vom 4./5.10.2010

- Verfahrensgrundsätze zu § 62 SGB V -

Präambel

Die Erstattung von gesetzlichen Zuzahlungen bzw. die Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr für das restliche Kalenderjahr nach § 62 SGB V erfordern die Festlegung einer Belastungsgrenze für einzelne Versicherte ggf. einschließlich der im gemeinsamen Haushalt lebenden berücksichtigungsfähigen Angehörigen. Diese ist den im Laufe eines Kalenderjahres entstandenen und nachgewiesenen gesetzlichen Zuzahlungen gegenüberzustellen.

Mit diesen vom GKV-Spitzenverband und den Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene erarbeiteten Verfahrensgrundsätzen sollen Schwierigkeiten vermieden werden, wenn im Laufe eines Kalenderjahres

waren. Gleichzeitig sollen Erläuterungen zur Hilfestellung zur Beurteilung der Sachverhalte durch die Krankenkassen gegeben werden. Die Verfahrensgrundsätze sind für die Krankenkassen verbindlich, die gegenüber dem GKV-Spitzenverband ihre Anwendung erklärt haben. Die Erklärung kann auch über den jeweiligen Verband der Krankenkasse auf Bundesebene an den GKV-Spitzenverband abgegeben werden.

Die landwirtschaftlichen Krankenkassen geben die Erklärung über die Anwendung der Verfahrensgrundsätze ausschließlich gegenüber dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ab, der den GKV-Spitzenverband entsprechend informiert.

Inhaltsverzeichnis:

1. Anwendungsbereich
2.1 Zuständigkeit
2.2 Allgemeine Grundsätze
3.1 Erstattung zu viel gezahlter Zuzahlungen nach Ablauf des Kalenderjahres
3.2 Erstattung zu viel gezahlter Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr
3.3 Erreichen der Belastungsgrenze aufgrund einer Vorauszahlung
4. Grundlagen für die Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V
4.1 Zu berücksichtigende Angehörige
4.2 Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt
4.3 Zuzahlungen
5. Belastungsgrenze der Versicherten
5.1 Höhe der Belastungsgrenze
5.2 Freibeträge für die berücksichtigungsfähigen Angehörigen
5.3 Voraussetzungen für die Absenkung der Belastungsgrenze auf 1 v. H.
5.3.1 Erstmalige Feststellung der Chroniker-Eigenschaft
5.3.2 Nachweis der Fortdauer der Behandlung in den Folgejahren
6. Inkrafttreten
7. Erklärung zur zukünftigen Nichtanwendung

Anlagen

1. Anwendungsbereich

Sind im Laufe eines Kalenderjahres

werden die Erstattung des von der Krankenversicherung insgesamt zu übernehmenden Anteils an Zuzahlungen sowie die Befreiung von den Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr für das restliche Kalenderjahr nach den folgenden Regelungen durchgeführt.

Daneben ist eine Befreiung von den Zuzahlungen aufgrund einer Vorauszahlung in Höhe der Belastungsgrenze im Einzelfall möglich. Auch hierfür sind nachfolgend einheitliche Regelungen festgelegt.

2.1 Zuständigkeit

(1)

Für die Ermittlung der Belastungsgrenze bzw. die Erstattung der über die Belastungsgrenze hinausgehenden Zuzahlungen sind die Krankenkassen zuständig, bei der die Versicherten des Familienverbundes zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der zuerst angegangenen Krankenkasse jeweils versichert sind. Dies gilt sowohl für den Fall eines Krankenkassenwechsels im laufenden Kalenderjahr als auch bei unterschiedlicher Krankenkassenzuständigkeit in einer Familie.

(2)

Wird der Antrag erst nach Ablauf des zu beurteilenden Kalenderjahres gestellt, sind die Krankenkassen zuständig, bei denen die Versicherten am Ende des zu beurteilenden Kalenderjahres versichert waren.

(3)

Besteht zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. bei nachträglicher Antragstellung am Ende des Jahres, für das der Antrag gestellt wird, keine Versicherung, sind die Krankenkassen zuständig, bei denen im Laufe des zu beurteilenden Kalenderjahres zuletzt eine Versicherung bestanden hat.

(4)

Der Antrag wird von der zuerst angegangenen und nach Absatz 1 bis 3 zuständigen Krankenkasse (berechnende Krankenkasse) auch mit Wirkung für die anderen nach Absatz 1 bis 3 zuständigen Krankenkassen (übrige Krankenkassen) bearbeitet. Für die Ermittlung der Grundlagen für die Berechnung der Belastungsgrenze sowie die Höhe der insgesamt zu berücksichtigenden Zuzahlungen steht der als Anlage 1 beigefügte Mustervordruck zur Verfügung.

(5)

Die Entscheidung, ob die Belastungsgrenze aufgrund einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung auf 1 v. H. abgesenkt werden kann, trifft abweichend von Absatz 4 stets die für den jeweiligen Versicherten zuständige Krankenkasse.

2.2 Allgemeine Grundsätze

(1)

Wechselt ein für ein Kalenderjahr bereits befreiter Versicherter zu einer anderen Krankenkasse, akzeptiert diese grundsätzlich die Feststellungen der bisherigen Krankenkasse und befreit den Versicherten für denselben Zeitraum, für den bereits eine Befreiung vorlag. Ein Ausgleich bereits entrichteter Voraus- oder Zuzahlungen zwischen den Krankenkassen findet nicht statt. Eine Aufteilung einer Erstattung der über die Belastungsgrenze hinausgehenden Zuzahlungen für diesen Versicherten auf die anderen Krankenkassen erfolgt ebenfalls nicht.

(2)

Sofern nach der Ausstellung einer Bescheinigung über die Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen weitere Zuzahlungsbelege eingereicht werden, werden diese unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Fälligkeit oder Entrichtung von der für den Versicherten jeweils zum Zeitpunkt der Antragstellung auf nachträgliche Erstattung zuständigen Krankenkasse erstattet. Auf eine Neuberechnung der Teilerstattungsbeträge bzw. des Vorauszahlungsbetrages wird verzichtet.

3.1 Erstattung zu viel gezahlter Zuzahlungen nach Ablauf des Kalenderjahres

(1)

Die berechnende Krankenkasse stellt die Belastungsgrenze und den Erstattungsbetrag für den gesamten Familienverbund fest und teilt den Erstattungsbetrag unter den nach Abschnitt 2.1 zuständigen Krankenkassen im Verhältnis der von den einzelnen berücksichtigungsfähigen Personen im Familienverbund gezahlten Zuzahlungen zum Gesamtbetrag aller Zuzahlungen auf und erstattet ihren Versicherten den von ihr zu tragenden Teilbetrag.

(2)

Die von den übrigen Krankenkassen zu erstattenden Teilbeträge werden dem Versicherten mit dem als Anlage 2 beigefügten Mustervordruck in entsprechender Anzahl mitgeteilt. Eine weitere Aufteilung der Teilbeträge in die jeweiligen Leistungsbereiche ist nicht erforderlich. Die von der berechnenden Krankenkasse ermittelten jeweiligen Erstattungsbeträge werden dabei von den anderen Krankenkassen akzeptiert.

3.2 Erstattung zu viel gezahlter Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr

(1)

Erreichen bzw. überschreiten der Versicherte und seine berücksichtigungsfähigen Angehörigen mit ihren tatsächlich geleisteten und nachgewiesenen Zuzahlungen bereits vor dem Ende des Kalenderjahres die ermittelte Belastungsgrenze, gelten die Regelungen unter Abschnitt 3.1 gleichermaßen. Daneben befreit die berechnende Krankenkasse ihre/n Versicherten im laufenden Kalenderjahr für den Rest des Kalenderjahres von den Zuzahlungen.

(2)

Mit der Befreiung des/r Versicherten von den Zuzahlungen haben seine berücksichtigungsfähigen Angehörigen Anspruch, von der für sie zuständigen Krankenkasse für den Rest des Kalenderjahres von den Zuzahlungen befreit zu werden. Hierzu informiert die berechnende Krankenkasse ihren Versicherten mit der Ausstellung des Befreiungsausweises über die Möglichkeit, dass die bei den anderen Krankenkassen versicherten berücksichtigungsfähigen Angehörigen ebenfalls für den Rest des Kalenderjahres befreit werden können.

(3)

Die Feststellung der Belastungsgrenze erfolgt auf der Basis der zum Zeitpunkt der Prüfung bestehenden aktuellen Verhältnisse durch eine Schätzung der kalenderjährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt unter Einbeziehung der voraussichtlich im weiteren Verlauf des Kalenderjahres zu erwartenden Einnahmen (z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) und Einkommenssteigerungen (z. B. Rentenanpassung). Bei stark schwankenden Einkünften kann eine vergleichende Berücksichtigung der Gesamtbruttoeinnahmen des Vorjahres erfolgen.

(4)

Bei einer Befreiung von den Zuzahlungen im laufenden Kalenderjahr für den Rest des Kalenderjahres soll sich eine erneute Prüfung der Belastungsgrenze auch bei einem Wechsel der Krankenkasse auf die Fälle beschränken, in denen sich wesentliche Änderungen der persönlichen Verhältnisse oder der Einkommensverhältnisse im Sinne des § 48 SGB X ergeben (z. B. Beschäftigungsaufnahme nach Sozialhilfebezug, Heirat, Tod).

Kommt eine ausnahmsweise durchgeführte erneute Überprüfung zu einer von der bisherigen Entscheidung abweichenden Bewertung, sind die übrigen Krankenkassen der berücksichtigungsfähigen Angehörigen bzw. die vorherige Krankenkasse des Versicherten hiervon in Kenntnis zu setzen.

(5)

Die Versicherten sollen mit der Befreiung aufgefordert werden, wesentliche Änderungen der Krankenkasse mitzuteilen.

3.3 Erreichen der Belastungsgrenze aufgrund einer Vorauszahlung

(1)

Eine Befreiung aufgrund einer Vorauszahlung in Höhe der voraussichtlichen Belastungsgrenze ist möglich, insbesondere dann, wenn innerhalb eines kurzen Zeitraums die Belastungsgrenze erreicht würde. Die berechnende Krankenkasse ermittelt die Belastungsgrenze sowie den Vorauszahlungsbetrag nach den Maßgaben des Abschnittes 3.2 Absatz 3, vereinnahmt den gesamten Vorauszahlungsbetrag und befreit ihre Versicherten für das Kalenderjahr, für das die Vorauszahlung geleistet wurde, von den Zuzahlungen.

(2)

Die bereits im Rahmen des Antrages für das Antragsjahr nachgewiesenen Zuzahlungen des Versicherten und aller berücksichtigungsfähigen Angehörigen werden bei der Feststellung des Vorauszahlungsbetrages mindernd berücksichtigt.

(3)

Der geleistete Vorauszahlungsbetrag wird unter den nach Abschnitt 2.1 beteiligten Krankenkassen aufgeteilt. Der Gesamtbetrag der Vorauszahlung wird dazu durch die Anzahl der Personen des Familienverbundes geteilt; berücksichtigt werden hierbei nur Versicherte, die im Kalenderjahr, für das der Antrag gestellt wird, mindestens das 19. Lebensjahr beginnen. Jeder der Krankenkassen stehen soviele Anteile an der Vorauszahlung zu, wie Personen des Familienverbundes bei ihr versichert sind.

Beispiel 1: Ehemann Krankenkasse A Zuzahlung 10 Euro, Ehefrau Krankenkasse B, Kind geboren am 1.1.1988 Krankenkasse B, nachgewiesene Zuzahlung 90 Euro. Antrag auf Vorauszahlung der Belastungsgrenze für das laufende Kalenderjahr 2006, die ermittelte Belastungsgrenze beträgt 172 Euro.

Lösung: Die Vorauszahlung beträgt 72 Euro (172 Euro Belastungsgrenze - 100 Euro Zuzahlung). Da das Kind im Jahr 2006 das 19. Lebensjahr beginnt, ist die Vorauszahlung durch 3 Versicherte zu teilen (24 Euro). Der Krankenkasse A stehen somit 24 Euro der Vorauszahlung zu, der Krankenkasse B 48 Euro.


(4)

Unterschreitet der Anteil an der Vorauszahlung, den die berechnende Krankenkasse einer der übrigen Krankenkassen zu überweisen hätte, den Betrag von 25 Euro (Bagatellgrenze), kann die berechnende Krankenkasse diesen Anteil der Vorauszahlung vereinnahmen. Die den übrigen Krankenkassen zustehenden Einzelbeträge werden je Antrag für den Vergleich mit der Bagatellgrenze addiert.

Lösung zu Beispiel 1: Ist Krankenkasse A für die Berechnung und Erstattung zuständig, erfolgt nach Anforderung eine Überweisung an Krankenkasse B in Höhe von 48 Euro. Ist hingegen Krankenkasse B für die Berechnung und Erstattung zuständig, kann der Vorauszahlungsbetrag von dieser Krankenkasse vollständig vereinnahmt werden, da der der Krankenkasse A zustehende Teilbetrag von 24 Euro die Bagatellgrenze unterschreitet.

(5)

Die Krankenkassen, die die Anwendung dieser Verfahrensgrundsätze erklärt haben, können - ggf. über ihren Verband auf Bundesebene - einen gegenseitigen Verzicht auf eine Aufteilung der Vorauszahlung nach Absatz 3 erklären oder eine höhere als die in Absatz 4 genannte Bagatellgrenze vereinbaren.

(6)

Die den übrigen Krankenkassen zustehenden Teilbeträge werden dem Versicherten mit dem als Anlage 2 a beigefügten Mustervordruck in entsprechender Anzahl mitgeteilt. Eine weitere Aufteilung der Teilbeträge in Leistungsbereiche ist nicht erforderlich. Die von der berechnenden Krankenkasse ermittelten jeweiligen Beträge werden dabei von den anderen Krankenkassen akzeptiert.

(7)

Die übrigen Krankenkassen können auf der Grundlage der Mitteilung nach Absatz 6 den ihnen zustehenden Vorauszahlungsanteil unter Angabe des im Muster nach Anlage 2 a vergebenen Aktenzeichens anfordern. Der Vorauszahlungsanteil ist nach Anforderung von der berechnenden Krankenkasse an die übrigen Krankenkassen zu überweisen.

(8)

Die unter Abschnitt 3.2 Absätze 2 bis 5 enthaltenen Regelungen gelten bei einer Befreiung nach Abschnitt 3.3 gleichermaßen.

(9)

Ändert sich aufgrund einer Neuberechnung der Belastungsgrenze der Vorauszahlungsbetrag, erfolgt ebenfalls eine Aufteilung der Differenz zur zunächst festgestellten Vorauszahlung entsprechend den Absätzen 3 bis 5. Für die Bemessung der Bagatellgrenze sind jedoch abweichend von Absatz 3 nur die aus der jetzt ermittelten Differenz berechneten Teilbeträge anzu-setzen. Im Falle einer Teilerstattung der Vorauszahlung kann die berechnende Krankenkasse den Differenzbetrag bei den anderen Krankenkassen anfordern.

Beispiel 2: Ehemann Krankenkasse A, Ehefrau Krankenkasse B. Antrag auf Vorauszahlung für das Kalenderjahr 2006, die ermittelte Belastungsgrenze beträgt 250 Euro. Es erfolgt eine Befreiung aufgrund einer Vorauszahlung. Die Krankenkasse A überweist der Krankenkasse B nach Anforderung 125 Euro der Vorauszahlung.

Der Versicherte verstirbt am 30.6. des Jahres, für das die Befreiung ausgesprochen wurde. Die hinterbliebene Ehefrau beantragt eine Neuberechnung des ursprünglich ermittelten Vorauszahlungsbetrages. Die darauf hin neu festgestellte Belastungsgrenze beträgt 100 Euro.

Lösung: Der Differenzbetrag zwischen der Vorauszahlung und der rückschauend richtigen Belastungsgrenze beträgt 150 Euro (Vorauszahlung 250 Euro - 100 Euro Belastungsgrenze). Die Krankenkasse A fordert eine Rückzahlung von 75 Euro von der Krankenkasse B an.

(10)

Eine Ausstellung des Befreiungsausweises ist erst nach vollständiger Einzahlung des Vorauszahlungsbetrages möglich. Eine auch nur anteilige Rückzahlung des Vorauszahlungsbetrages, weil die vermeintlich im Kalenderjahr ansonsten angefallenen Zuzahlungen diesen Betrag nicht erreichen, kommt nicht in Betracht.

Beispiel 3: Vorauszahlung der Belastungsgrenze in Höhe von 200 Euro am 1.12. für das darauffolgende Kalenderjahr. Der Versicherte beantragt am Ende des Folgejahres eine Teilerstattung, da der Wert der auf Grund der Befreiung nicht entrichteten Zuzahlungen in diesem Kalenderjahr nicht den Betrag von 200 Euro erreicht habe.

Lösung: Eine Rückzahlung kann nicht erfolgen.

Beispiel 4: Vorauszahlung der Belastungsgrenze in Höhe von 200 Euro am 20.12. für das darauffolgende Kalenderjahr, der Befreiungsausweis wird am 27.12. des Jahres versandt. Am 1.1. des Folgejahres stirbt der Versicherte.

Lösung: Eine Rückzahlung der Vorauszahlung unter dem Aspekt, dass keine mit Zuzahlungen verbundenen Leistungen in Anspruch genommen wurden, ist nicht möglich. Allerdings kann auf Antrag eine Neuberechnung der Belastungsgrenze aufgrund der geänderten Einkommensverhältnisse und ggf. eine entsprechende Erstattung erfolgen (vgl. Ziffer 4.1 Absatz 11).

Beispiel 5: wie Beispiel 4, der Befreiungsausweis wurde jedoch noch nicht versandt.

Lösung: Eine Rückzahlung der Vorauszahlung kann erfolgen.

4. Grundlagen für die Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V

(1)

Grundlagen für die Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V und die Beurteilung, ob Versicherte höhere als nach § 62 SGB V vorgesehene Zuzahlungen im Laufe eines Kalenderjahres getragen haben, sind

(2)

Für die Prüfung der zu berücksichtigenden Angehörigen sind die zum Zeitpunkt der Beurteilung des Antrages bzw. bei nachträglicher Antragstellung die am Ende des jeweiligen Kalenderjahres vorliegenden Verhältnisse maßgebend (vgl. auch Beispiel 14). Die Bruttoeinnahmen sind aus dem Jahr heranzuziehen, für das die Befreiung beantragt wird.

4.1 Zu berücksichtigende Angehörige

(1)

Angehörige im Sinne des § 62 SGB V sind der/die im gemeinsamen Haushalt mit dem Versicherten lebende/n

  • Ehegatte/Lebenspartner,

  • sonstigen Angehörigen (nur im Recht der landwirtschaftlichen Krankenversicherung),

  • Kinder bis zum Kalenderjahr, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, generell (unabhängig davon, ob sie familien-, pflicht-, freiwillig oder nicht gesetzlich versichert sind) und

  • Kinder ab dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollenden, sofern sie nach § 10 SGB V/§ 7 Abs. 1 KVLG 1989 familienversichert sind.

Lebenspartner i.S. des SGB V und dieser Erläuterungen sind eingetragene Lebenspartner nach dem "Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften" vom 16.2.2001.

Ausschließlich im Bereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung sind auch die sonstigen Angehörigen, die nach § 7 Abs. 2 KVLG 1989 familienversichert sind und die mitarbeitenden Familienangehörigen (ohne Arbeitsvertrag), die nicht rentenversicherungspflichtig sind, als Angehörige im Sinne des § 62 SGB V zu berücksichtigen.

Die berücksichtigungsfähigen Angehörigen sowie der Versicherte bilden den Familienverbund im Sinne dieser Verfahrensgrundsätze.

(2)

Ein gemeinsamer Haushalt setzt voraus, dass mehrere Familienangehörige im Sinne des § 62 SGB V ihren Wohnsitz zusammen an der gleichen Stelle (Haus, Wohnung) begründet haben und in Wirtschaftsgemeinschaft leben. Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I). Dies bedeutet, dass ein vorübergehendes Wohnen außerhalb des gemeinsamen Haushalts nicht zu dessen endgültiger Auflösung führt. Ein gemeinsamer Haushalt kann grundsätzlich immer dann unterstellt werden, wenn sich Ehegatten/Lebenspartner, sonstige Angehörige oder Kinder zwar vorübergehend nicht in dem gemeinsamen Haushalt aufhalten, dort jedoch noch einen Erst- oder Zweitwohnsitz haben.

(3)

Ein gemeinsamer Haushalt liegt nicht vor, wenn sich für den Ehegatten/Lebenspartner, sonstige Angehörige oder die Kinder - für einen nicht absehbaren Zeitraum - ein anderer Lebensmittelpunkt als der des Haushalts des Versicherten ergibt. Das gilt insbesondere bei dauernder und eigenständiger Wohnsitznahme im In- oder Ausland.

(4)

Ehegatten/Lebenspartner des Versicherten sind immer zu berücksichtigen, wenn sie im gemeinsamen Haushalt mit dem Versicherten leben, unabhängig davon, ob sie selbst versichert, familienversichert oder nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen, die außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung anfallen, bleiben jedoch bei der Höhe der insgesamt geleisteten Zuzahlungen unberücksichtigt (vgl. Abschnitt 4.3).

Beispiel 6: Ehemann bis 30.6. Krankenkasse A (monatlich 1.500 Euro, Zuzahlungen 100 Euro), ab 1.7. privat versichert (monatlich 1.800 Euro, Selbstbehalt 120 Euro), Ehefrau Krankenkasse A (monatlich 2.200 Euro, Zuzahlungen 150 Euro), am 1.5. geborenes Kind Krankenkasse A (Zuzahlungen 30 Euro).

Lösung: Die Familie ist gemeinsam zu beurteilen (Bruttoeinnahmen 19.800 Euro + 26.400 Euro = 46.200 Euro); Familienabschlag 15 v. H. der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zzgl. einmaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG. Zuzahlungen in Höhe von 280 Euro können berücksichtigt werden (Ehemann 100 Euro + Ehefrau 150 Euro + Kind 30 Euro).

(5)

Kinder sind stets bis zu dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden. Ab den folgenden Kalenderjahren muss bei einer Antragstellung im laufenden Kalenderjahr im Zeitpunkt der Ermittlung der Belastungsgrenze bzw. bei einer Beantragung für vergangene Kalenderjahre zum jeweiligen Ende des Kalenderjahres eine Familienversicherung nach § 10 SGB V (im Bereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nach § 7 KVLG 1989) bestehen. Familienversicherte Studenten sind damit ebenfalls zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn sie zwar am Studienort wohnen aber ihren Erst- oder Zweitwohnsitz noch bei den Eltern haben. Hat ein familienversicherter Student hingegen am Studienort seinen alleinigen Wohnsitz, scheidet er bei der Beurteilung der Befreiung für die übrigen Angehörigen aus.

(6)

Kinder im Sinne der Verfahrensgrundsätze zu § 62 SGB V sind auch die im Haushalt des Versicherten lebenden Stief-, Enkel- und Pflegekinder. Diese Kinder sind für die Ermittlung der Belastungsgrenze und der Zuzahlungshöhe bei der Familie zu berücksichtigen, mit der sie im gemeinsamen Haushalt leben. Eine Familienversicherung kann sich auch aus der Versicherung eines anderen - nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden - Angehörigen des Kindes ableiten.

Beispiel 7: In einem gemeinsamen Haushalt leben:
Stiefvater Krankenkasse A, Mutter Krankenkasse B, und das über den leiblichen Vater familienversicherte Kind (19 Jahre) aus erster Ehe der Mutter (Krankenkasse C).

Lösung: Die Familie ist gemeinsam zu beurteilen.

(7)

Tritt im Laufe des Antragsjahres ein Ehegatte/Lebenspartner, sonstiger Angehöriger oder ein Kind z. B. durch Begründung einer Familienversicherung oder Einzug in den gemeinsamen Haushalt in den Familienverbund ein, sind die Belastungsgrenze sowie ggf. die Erstattung von Zuzahlungen unter Berücksichtigung der Bruttoeinnahmen und der Zuzahlungen aus dem gesamten Kalenderjahr zu ermitteln.

Beispiel 8: Die Versicherten heiraten am 7.3. des Jahres (monatliche Einnahmen des Mannes 1500 Euro, Zuzahlungen im gesamten Jahr 150 Euro, monatliche Einnahmen der Ehefrau 1500 Euro, Zuzahlungen im gesamten Jahr 100 Euro). Am 10.12. des Jahres wird das gemeinsame Kind geboren. Antragstellung am 2.1. des Folgejahres.

Lösung: Das Ehepaar und das Kind sind gemeinsam zu beurteilen (Bruttoeinnahmen 36.000 Euro; Zuzahlungen 250 Euro, Familienabschlag 15 v. H. zzgl. einmaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG)

(8)

Scheidet im Laufe eines Kalenderjahres ein Kind, das das 19. Lebensjahr bereits vollendet hat oder in diesem Kalenderjahr vollenden wird aus der Familienversicherung aus, wird das Kind bei der Ermittlung der Belastungsgrenze und der Zuzahlungen des verbleibenden Familienverbundes nicht berücksichtigt. Begründet das Kind eine eigene Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, ist die Belastungsgrenze sowie ggf. die Erstattung von Zuzahlungen für das Kind unter Berücksichtigung seiner Bruttoeinnahmen und der Zuzahlungen aus dem gesamten Kalenderjahr zu ermitteln.

Beispiel 9: In einem gemeinsamen Haushalt lebt ein Ehepaar mit 2 familienversicherten Kindern (19 und 21 Jahre alt). Erstmalige Aufnahme einer Beschäftigung eines Kindes am 1.7. Krankenkasse B (monatliche Einnahmen 1.000 Euro, Zuzahlungen im gesamten Jahr 150 Euro). Antragstellung am 2.1. des Folgejahres.

Lösung: Das Ehepaar und das am Jahresende familienversicherte Kind sind gemeinsam zu beurteilen (Familienabschlag 15 v. H. zzgl. einmaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG). Das ab 1.7. selbst krankenversicherte Kind hat ggf. am Jahresende Anspruch auf Er-stattung nach § 62 SGB V. Grundlagen sind seine Zuzahlungen sowie Bruttoeinnahmen des ganzen Kalenderjahres (Bruttoeinnahmen 6.000 Euro; Zuzahlungen 150 Euro, kein Familienabschlag).

Beispiel 10: wie Beispiel 9, die Kinder sind jedoch 15 und 17 Jahre alt.

Lösung: Das Ehepaar und die Kinder sind gemeinsam mit ihren Einnahmen und Zuzahlungen zu beurteilen (Familienabschlag 15 v. H. zzgl. zwei Mal den Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG).

(9)

Scheidet nach einer Befreiung des Familienverbundes im Laufe des Kalenderjahres ein Kind, das das 19. Lebensjahr bereits vollendet hat oder in diesem Kalenderjahr vollenden wird, aus der Familienversicherung aus, kann auf Antrag des Kindes eine Neufeststellung seiner persönlichen Belastungsgrenze erfolgen. Für die übrigen Mitglieder des Familienverbundes verbleibt es für dieses Kalenderjahr bei den bisherigen Feststellungen.

Beispiel 11: In einem gemeinsamen Haushalt lebt ein Ehepaar mit 2 familienversicherten Kindern (19 und 21 Jahre alt). Antragstellung am 15.3. des laufenden Jahres mit nachfolgender Befreiung des Familienverbundes von gesetzlichen Zuzahlungen.

Erstmalige Aufnahme einer Beschäftigung eines Kindes am 1.7. (monatliche Einnahmen 1.000 Euro, Zuzahlungen im ersten Halbjahr 50 Euro, im zweiten Halbjahr 100 Euro), erneute Antragstellung zu Beginn des Folgejahres.

Lösung: Das Ehepaar und die beiden zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.3. familienversicherten Kinder sind zunächst gemeinsam zu beurteilen (Familienabschlag 15 v. H. zzgl. zweimaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG).

Das ab 1.7. selbst krankenversicherte Kind hat ggf. am Jahresende Anspruch auf Erstattung nach § 62 SGB V. Grundlagen sind seine Zuzahlungen sowie Bruttoeinnahmen ab 1.7. (Bruttoeinnahmen 6.000 Euro; Zuzahlungen 100 Euro, kein Familienabschlag). Für den verbleibenden Familienverbund verbleibt es auch für die Zeit ab 1.7. bei den bisherigen Feststellungen.

(10)

Begründet der Familienverbund im Antragsjahr erstmalig eine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung (z. B. durch Zuzug in den Geltungsbereich des SGB V) oder beendet der Familienverbund diese Mitgliedschaft im Antragsjahr (z. B. durch Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung), so sind die Belastungsgrenze sowie ggf. die Erstattung von Zuzahlungen unter Berücksichtigung der Bruttoeinnahmen aus dem gesamten Kalenderjahr zu ermitteln. Es können jedoch nur die im System der gesetzlichen Krankenversicherung entrichteten Zuzahlungen berücksichtigt werden.

Beispiel 12: Zuzug des Familienverbundes (Ehepaar und 1 Kind, 6 Jahre alt) aus dem Ausland am 1.7. (monatlich 500 Euro Einnahmen bis 30.6., ab 1.7. 1.500 Euro monatlich, Zuzahlungen ab 1.7. 100 Euro), Antrag am 2.1. des Folgejahres.

Lösung: Die Familie ist gemeinsam zu beurteilen (Bruttoeinnahmen 12.000 Euro); Familienabschlag 15 v. H. der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zzgl. einmaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG. Zuzahlungen in Höhe von 100 Euro können berücksichtigt werden.

(11)

Stirbt ein Mitglied des Familienverbundes im laufenden Kalenderjahr, so ist diese Person gleichwohl bei der Ermittlung der Belastungsgrenze zu berücksichtigen.

Beispiel 13: Versicherter verstirbt am 1.2. des Jahres. Der hinterbliebene Ehegatte und 1 Kind (Vollendung des 18. Lebensjahres im zu beurteilenden Kalenderjahr) beziehen Witwen- bzw. Waisenrente. Antragstellung am 15.1. des Folgejahres.

Lösung: Das Ehepaar und das Kind sind gemeinsam mit den Bruttoeinnahmen und Zuzahlungen zu beurteilen (Familienabschlag 15 v. H. zzgl. einmaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG).

Verstirbt ein Mitglied des Familienverbundes nach einer Befreiung im Laufe des Kalenderjahres, kann auf Antrag der hinterbliebenen berücksichtigungsfähigen Familienangehörigen eine Neufeststellung und ggf. Erstattung erfolgen.

Beispiel 14: In einem gemeinsamen Haushalt lebt ein Ehepaar mit einem familienversicherten Kind (20 Jahre alt). Aufgrund einer Vorauszahlung zu Jahresbeginn ist der Familienverbund von Zuzahlungen befreit. Ehemann 2.000 Euro Rente, Ehefrau und Kind ohne Einnahmen.

Versicherter verstirbt am 1.2. des Jahres. Der hinterbliebene Ehegatte und das Kind (bis 1.2. familienversichert) beziehen Witwenrente (1.200 Euro) bzw. Waisenrente (300 Euro). Die Witwe beantragt am 15.4. eine Korrektur des ermittelten Vorauszahlungsbetrages.

Lösung: Das Ehepaar ist gemeinsam mit seinen Bruttoeinnahmen und Zuzahlungen zu beurteilen (Rente des verstorbenen Ehemannes 2 x 2.000 Euro + "Sterbevierteljahr" 3 x 2.000 Euro + Witwenrente 7 x 1.200 Euro, Familienabschlag 15 v. H.). Hinsichtlich der Aufteilung der Vorauszahlung im Falle unterschiedlicher Kassenzuständigkeit vgl. Beispiel 2.

Das ab 2.2. selbst krankenversicherte Kind hat ggf. Anspruch auf Erstattung nach § 62 SGB V. Grundlagen sind seine Zuzahlungen sowie seine Bruttoeinnahmen ab 2.2. (kein Familienabschlag).

Verstirbt ein allein zu berücksichtigender Versicherter nach einer Befreiung im Laufe des Kalenderjahres, kann auf Antrag eines Erben auf Grundlage der BGB-Regelungen zum Erbrecht eine Neufeststellung der Belastungsgrenze und ggf. Erstattung erfolgen.

Beispiel 15: Aufgrund einer Vorauszahlung zu Jahresbeginn ist ein allein lebender Versicherter von Zuzahlungen befreit. Versicherter verstirbt am 1.2. des Jahres. Ein Erbe beantragt am 15.4. eine Korrektur des ermittelten Vorauszahlungsbetrages.

Lösung: Der Wegfall des Einkommens des Versicherten führt zu einer Herabsetzung der Belastungsgrenze. Dem Erben ist die Differenz zu der zunächst vereinnahmten Vorauszahlung auszuzahlen.

Ein Anspruch auf Erstattung zuviel geleisteter Zuzahlungen auf Basis der BGB-Regelungen zum Erbrecht besteht auch dann, wenn der Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen nicht zu Lebzeiten des Versicherten gestellt wurde.

(12)

In Fällen des § 62 Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB V ist der Familienverbund nach Absatz 1 dieses Abschnittes grundsätzlich als Bedarfsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift anzusetzen.

Sofern durch eine andere Behörde bereits eine Bedarfsgemeinschaft festgestellt wurde (insbesondere bei Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII) ist diese als Familienverbund im Sinne der weiteren Erläuterungen zu übernehmen, soweit sie nicht mehr Personen umfasst, als nach Absatz 1 dieses Abschnittes Berücksichtigung finden.

Beispiel 16: Versicherter lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner Freundin und ihren Kindern (5 und 7 Jahre alt) aus erster Ehe zusammen. Sie beziehen als Bedarfsgemeinschaft (Bescheid des Sozialamtes) Hilfe zum Lebensunterhalt.

Lösung: Für den Versicherten einerseits sowie andererseits die Freundin und ihre Kinder sind getrennte Belastungsgrenzen mit jeweils dem Eckregelsatz als Einnahme festzusetzen. Der Versicherte und seine Freundin (mit Kindern) bilden zwar eine Bedarfsgemeinschaft, jedoch sind Freundin und Kinder keine berücksichtigungsfähigen Angehörigen des Versicherten im Sinne des SGB V bzw. dieser Verfahrensgrundsätze.

Umfasst der Familienverbund im Sinne des Absatzes 1 dieses Abschnittes über die bereits durch eine andere Behörde festgestellte Bedarfsgemeinschaft (ggf. bestehend aus nur einer Person) hinaus weitere Personen, ist für die von der Bedarfsgemeinschaft nicht erfassten Personen separat eine Belastungsgrenze zu ermitteln.

Beispiel 17: Ein Ehepaar lebt gemeinsam mit dem familienversicherten, behinderten Kind (20 Jahre alt) in einem Haushalt. Das Kind bezieht Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Eltern werden laut Bescheid des Sozialamtes nicht in einer Bedarfsgemeinschaft erfasst.

Lösung: Das Kind einerseits und die Eltern andererseits werden unabhängig voneinander mit den jeweiligen Einnahmen und Zuzahlungen des gesamten Kalenderjahres betrachtet, da zwar die Eltern und das Kind einen Familienverbund im Sinne des SGB V bzw. dieser Verfahrensgrundsätze darstellen, jedoch die Eltern nicht von der vom Sozialamt festgestellten Bedarfsgemeinschaft erfasst werden. Für das Kind ist der Eckregelsatz nach der Regelsatzverordnung als Einnahme anzusetzen.

Bei der Berechnung der Belastungsgrenze für die Eltern ist ein Familienabschlag für das Kind nicht anzusetzen.

4.2 Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt

(1)

Für die Berechnung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V ist auf die tatsächlichen berücksichtigungsfähigen jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt abzustellen. Welche Einnahmen der Versicherten zu den Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt im Sinne des § 62 SGB V gehören, ergibt sich aus dem gemeinsamen Rundschreiben zu Einnahmen zum Lebensunterhalt in der jeweils gültigen Fassung.

Abweichend hiervon ist bei Versicherten,

  • die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das dieses für anwendbar erklärt, erhalten,

  • bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden,

sowie für den in § 264 SGB V genannten Personenkreis unabhängig von im gleichen Zeitraum evtl. erzielten weiteren Einnahmen als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur einmalig der Regelsatz des Haushaltsvorstands nach der Regelsatzverordnung anzusetzen. Diesen Personenkreisen sind Empfänger von Pflegewohngeld nach § 12 Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen oder vergleichbaren Leistungen in anderen Bundesländern gleichgestellt.

Bei Versicherten, die laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erhalten, ist stets die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft maßgebend. Damit führt auch der alleinige Bezug von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II zur Anwendung der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II.

(2)

Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB V werden die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nur der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden berücksichtigungsfähigen Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners zusammengerechnet.

Beispiel 18: Die Ehefrau lebt in einem Altenheim und erhält 1.500 Euro Unterhalt von ihrem Ehemann als Zuschuss zu den Heimkosten und 150 Euro eigene Rente. Der Ehemann bezieht eine Bruttorente von 2.400 Euro.

a) Die Kosten der Unterbringung im Heim werden anteilig vom Träger der Sozialhilfe getragen.

b) Die Kosten der Unterbringung im Heim werden nicht vom Träger der Sozialhilfe getragen.

Lösung zu a): Das Ehepaar ist getrennt zu beurteilen, für die Ehefrau ist der Regelsatz als monatliche Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt anzusetzen. Beim Ehemann sind 1.500 Euro Unterhalt von den zu berücksichtigenden Einnahmen abzusetzen. Seine jährliche Belastungsgrenze errechnet sich daher aus monatlich 900 Euro (2.400 Euro - 1.500 Euro).

Lösung zu b): Das Ehepaar ist getrennt zu beurteilen, für die Ehefrau sind bei der Bemessung der jährlichen Belastungsgrenze 1.650 Euro als monatliche Einnahme anzusetzen. Beim Ehemann sind 1.500 Euro Unterhalt von den zu berücksichtigenden Einnahmen abzusetzen. Seine jährliche Belastungsgrenze errechnet sich daher aus monatlich 900 Euro (2.400 Euro - 1.500 Euro).

Beispiel 19: Ein in einem gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar bezieht Hilfe zum Lebensunterhalt (Ehemann) und zusätzlich Leistungen der Grundsicherung im Alter bzw. bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII (Ehefrau).

Lösung: Für das Ehepaar ist einmalig der Regelsatz als monatliche Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt anzusetzen, keine Freibeträge.

4.3 Zuzahlungen

(1)

Im Rahmen der Befreiung nach Erreichen der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V werden alle im System der gesetzlichen Krankenversicherung entrichteten gesetzlichen Zuzahlungen wie z. B. zu Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, die Praxisgebühr oder Zuzahlungen bei Krankenhausbehandlung etc. berücksichtigt. Dies gilt auch für Zuzahlungen,

  • die bei Inanspruchnahme von Sachleistungen im Ausland auf Grundlage der Verordnung (EG) 883/04 entrichtet wurden,

  • die im Rahmen der Kostenerstattung bei selbst beschafften Sachleistungen nach der Verordnung (EG) 987/09 vom Träger des Aufenthaltsortes bzw. von der deutschen Krankenkasse angerechnet wurden und dem Versicherten somit verblieben sind,

sofern und soweit diese auch bei Inanspruchnahme der Leistung in Deutschland auf die Belastungsgrenze angerechnet würden. Darüber hinaus sind auch im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V bzw. im Rahmen der Kostenübernahme nach § 18 SGB V angerechnete Zuzahlungen berücksichtigungsfähig.

(2)

Soweit Leistungserbringer dem Versicherten Rabatte oder Boni auf Leistungen gewähren und lediglich mit der Zuzahlung verrechnen, ist dennoch der volle Zuzahlungsbetrag anzuerkennen.

(3)

Die sich aus Satzungsregelungen nach § 53 Abs. 3 SGB V oder § 65 a Abs. 1 SGB V ergebenden Auswirkungen sind - ggf. im Anschluss an die Durchführung der Erstattung nach diesen Verfahrensgrundsätzen - allein von der Krankenkasse zu berücksichtigen, bei der der Versicherte, für den derartige Zuzahlungsermäßigungen in Betracht kommen, versichert ist.

(4)

Zuzahlungen sind jeweils dem Jahr zuzuordnen, in dem die Leistung in Anspruch genommen wurde (Abgabedatum). Der Zeitpunkt der Aufforderung zur Entrichtung der Zuzahlung oder der Zeitpunkt der Entrichtung der Zuzahlung spielen hingegen keine Rolle.

(5)

Nicht berücksichtigt werden insbesondere Kosten, die dadurch entstehen, dass

  • Arznei-/Hilfsmittel abgegeben werden, die höhere als die vom Festbetrag abgedeckten Kosten verursachen,

  • aufwändigere Leistungen als eigentlich notwendig in Anspruch genommen werden,

  • Aufwendungen für Mittel entstehen, deren Verordnung zu Lasten der Krankenversicherung ausgeschlossen ist (z. B. Fahrkosten zur ambulanten Behandlung ohne Genehmigung i. S. § 60 Absatz 1 Satz 3 SGB V),

  • Eigenanteile für Hilfsmittel, die auch Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens beinhalten (z.B. orthopädische Schuhe), erhoben werden,

  • Leistungen ohne ärztliche Verordnung bezogen wurden,

  • Abschläge im Rahmen der Kostenerstattung etwa für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorgenommen werden,

  • Versicherte Zahlungen für im Ausland in Anspruch genommene Sachleistungen geleistet haben, die nach den ausländischen Rechtsvorschriften keine Zuzahlungen sind, z. B. Zahlungen oberhalb von Festbeträgen oder für Wahlleistungen,

  • Versicherte Zuzahlungen für im Ausland im Rahmen von bilateralen Sozialversicherungsab-kommen - also außerhalb der Verordnung (EG) 883/04 - in Anspruch genommene Sachleistungen geleistet haben; dies gilt auch bei Kostenerstattungen aufgrund in diesen Staaten selbst beschaffter Sachleistungen, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nach deutschen Sätzen unter Abzug von Zuzahlungen erfolgen,

  • Versicherte Zuzahlungen für im Ausland im Rahmen der Verordnung (EWG) 1408/71 in Anspruch genommene Sachleistungen geleistet haben ;

  • Zuzahlungen/Eigenanteile zu Leistungen außerhalb des SGB V zu leisten sind (z. B. bei stationären Leistungen der medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung, bei Hilfsmitteln aus der Pflegeversicherung, im Rahmen beihilferechtlicher Regelungen).

Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind Eigenanteile zu Zahnersatz und kieferorthopädischer Behandlung sowie bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung.

(6)

Die berechnende Krankenkasse hat auch die Zuzahlungen zu berücksichtigen, die während der Versicherung bei anderen gesetzlichen Krankenkassen entstanden sind.

(7)

Die Zuzahlungen sind durch den Versicherten und seine berücksichtigungsfähigen Angehörigen zu belegen. An den Nachweis geleisteter Zuzahlungen sind in der Praxis hohe Anforderungen zu stellen. Es können nur solche Zuzahlungsbelege akzeptiert werden, aus denen

  • der Vor- und Zuname des Versicherten,

  • die Bezeichnung der Leistung (z.B. Arzneimittel, Heilmittel),

  • der Zuzahlungsbetrag und

  • das Datum der Abgabe und die abgebende Stelle (z. B. Stempel)

hervorgehen.

Der Nachweis kann in Form eines Quittungsheftes (Muster Anlage 3) erbracht werden, sofern die o. g. Anforderungen berücksichtigt werden.

5. Belastungsgrenze der Versicherten

5.1 Höhe der Belastungsgrenze

(1)

Die Belastungsgrenze beträgt 2 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Vor der Ermittlung der Belastungsgrenze werden von den jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für jeden berücksichtigungsfähigen Angehörigen Freibeträge abgezogen (vgl. Abschnitt 5.2). Sind berücksichtigungsfähige Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt - ggf. nach Abzug der Familienabschläge nach § 62 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V - nicht vorhanden, beträgt die Belastungsgrenze 0 Euro.

(2)

Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nach Maßgabe des Abschnittes 5.3 beträgt die Belastungsgrenze 1 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Die Absenkung der Belastungsgrenze auf 1 v. H. gilt für den gesamten Familienverbund, wenn mindestens eine Person des Verbundes die Voraussetzungen nach Abschnitt 5.3 erfüllt.

(3)

Die Absenkung der Belastungsgrenze auf 1 v. H. ist ab dem 1.1. des Kalenderjahres, in dem die Behandlung der chronischen Erkrankung ein Jahr andauert, vorzunehmen.

(4)

Verstirbt der "chronisch Kranke", gilt für die übrigen berücksichtigungsfähigen Angehörigen in diesem Kalenderjahr unabhängig von der Erfüllung der Voraussetzungen nach Abschnitt 5.3 im Todesjahr noch die Belastungsgrenze von 1 v. H..

Beispiel 20: Versicherter Krankenkasse A verstirbt am 1.2. des Jahres, für das laufende Kalenderjahr galt eine Belastungsgrenze von 1 v. H. Der hinterbliebene Ehegatte und 1 Kind (16 Jahre alt) beziehen Witwen- bzw. Waisenrente. Antragsstellung am 15.1. des Folgejahres.

Lösung: Das Ehepaar ist gemeinsam mit seinen Bruttoeinnahmen und Zuzahlungen dieses Kalenderjahres zu beurteilen (Familienabschlag 15 v. H. zzgl. einmaliger Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG). Die Belastungsgrenze beträgt in diesem Kalenderjahr 1 v. H..


5.2 Freibeträge für die berücksichtigungsfähigen Angehörigen

(1)

Vor der Ermittlung der Belastungsgrenze wird von den jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden berücksichtigungsfähigen Angehörigen (Ehegatte/Lebenspartner oder sonstiger Angehöriger) ein Betrag in Höhe von 15 v. H. der jährlichen Bezugsgröße, für jeden weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden berücksichtigungsfähigen Angehörigen ein Betrag in Höhe von 10 v. H. der jährlichen Bezugsgröße abgezogen. Für jedes berücksichtigungsfähige Kind sind die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt um den sich nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG ergebenden Freibetrag zu mindern. Dieser errechnet sich aus dem Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) und zusätzlich aus dem weiteren Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes - die Summe ist unabhängig von der tatsächlichen steuerrechtlichen Betrachtung des Einzelfalls stets zu verdoppeln. Ein Abzug in Höhe 15 v. H. bzw. 10 v. H. der Bezugsgröße kommt für Kinder ausnahmslos nicht in Betracht.

Beispiel 21: Ein familienversichertes Kind lebt mit seinen leiblichen Eltern im gemeinsamen Haushalt. Die versicherten Eltern des Kindes sind miteinander verheiratet und werden nach den §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Lösung: Das Ehepaar und das Kind werden im Rahmen der Prüfung nach § 62 SGB V gemeinsam mit ihren Bruttoeinnahmen und Zuzahlungen des Kalenderjahres beurteilt. Von den jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt ist für den Ehegatten ein Abschlag in Höhe von 15 v. H. der Bezugsgröße und für das Kind der doppelte Freibetrag sowohl für das sächliche Existenzminimum als auch für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG) in Abzug zu bringen.

Beispiel 22: Eine alleinerziehende Versicherte lebt mit ihrem leiblichen, minderjährigen Kind im gemeinsamen Haushalt. Das Kind ist nur in der Wohnung der Mutter gemeldet. Der leibliche Vater des Kindes ist gesetzlich versichert und lebt in einem eigenen Haushalt. Die Eltern des Kindes sind nicht miteinander verheiratet und werden nicht nach den §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

a) Der Vater zahlt für das Kind Unterhalt. Die Eltern erhalten jeweils den Freibetrag für das sächliche Existenzminimum und für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG).

b) Der Vater zahlt für das Kind keinen Unterhalt. Der Mutter wurde auf Antrag der dem Vater zustehenden Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes aufgrund der mangelnden Unterhaltszahlung übertragen. Zudem wurde der Mutter auf Antrag auch der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs oder Ausbildungsbedarf übertragen (§ 32 Abs. 6 Satz 1 und 6 EStG).

Lösung zu a) und b): Die alleinerziehende Versicherte und das Kind werden im Rahmen der Prüfung nach § 62 SGB V gemeinsam mit ihren Bruttoeinnahmen und Zuzahlungen des Kalenderjahres beurteilt. Unabhängig von der steuerlichen Zuordnung der Freibeträge zu den Elternteilen, ist für die alleinerziehende Versicherte und das Kind von den jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für das Kind der doppelte Freibetrag sowohl für das sächliche Existenzminimum als auch für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG) in Abzug zu bringen. Der Vater wird für sich allein ohne Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages beurteilt. Im Beispiel 23a werden die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Vaters um die Unterhaltszahlungen vermindert, beim Kind stellen die Unterhaltszahlungen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt dar.

Beispiel 24: Eine verwitwete Versicherte lebt mit ihrem leiblichen, minderjährigen Kind im gemeinsamen Haushalt. Der verstorbene Ehemann ist der leibliche Vater des Kindes. Der hinterbliebene Ehegatte und das Kind beziehen Witwen- bzw. Waisenrente.

Lösung: Die verwitwete Versicherte und das Kind werden im Rahmen der Prüfung nach § 62 SGB V gemeinsam mit ihren Bruttoeinnahmen und Zuzahlungen des Kalenderjahres beurteilt. Von den jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt ist für das Kind der doppelte Freibetrag sowohl für das sächliche Existenzminimum als auch für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes in Abzug zu bringen (Betrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 3 EStG).

(2)

Freibeträge sind auch dann für das gesamte Kalenderjahr zu berücksichtigen, wenn ein berücksichtigungsfähiger Angehöriger die Voraussetzungen für deren Anrechnung nach § 62 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V nur für einen Teil des Kalenderjahres erfüllt, z. B. bei Heirat oder Tod (Beispiele 12 bis 14). In Fällen, in denen für einen Teil des Kalenderjahres die in § 62 Abs. 2 Satz 5 oder 6 SGB V genannten Einnahmen und für den anderen Teil sonstige in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigende Einnahmen erzielt werden, sind die Freibeträge für die Angehörigen jedoch nur von den in tatsächlicher Höhe erzielten Einnahmen in Abzug zu bringen.

Beispiel 25: Versicherter vom 1.1. bis 31.3.2010 des Jahres beschäftigt (monatlich 1.400 Euro), ab 1.4.2010 Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt. Ehefrau, keine Kinder. Antrag am 2.1. des Folgejahres.

Lösung: Als Einnahme zum Lebensunterhalt sind der Lohn für 3 Monate und der Eckregelsatz nach § 28 Abs. 2 SGB XII (2010: 359 Euro monatlich) für 9 Monate anzusetzen.

Von dem Lohn in Höhe von 4.200 Euro (1.400 Euro x 3) ist zunächst der Familienabschlag von 15 v. H. der Bezugsgröße abzusetzen (4.599 Euro). Zum verbleibenden Betrag in Höhe von 0 Euro (4.200 Euro - 4.599 Euro) ist der Eckregelsatz in Höhe von 3.231 Euro (359 Euro x 9) hinzuzurechnen. Für die Berechnung der Belastungsgrenze ist ein Betrag in Höhe von 3.231 Euro (0 Euro + 3.231 Euro) anzusetzen.

5.3 Voraussetzungen für die Absenkung der Belastungsgrenze auf 1 v. H.

5.3.1 Erstmalige Feststellung der Chroniker-Eigenschaft

(1)

Für Versicherte, die gemäß den Richtlinien nach § 92 SGB V wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind (chronisch Kranke), gilt eine Belastungsgrenze von 1 v. H.. Die Entscheidung zum Vorliegen einer chronischen Erkrankung wird auf Basis der ärztlichen Bescheinigung (Muster 55) getroffen.

(2)

Chronisch kranke Versicherte haben darüber hinaus grundsätzlich die regelmäßige Inanspruchnahme der in § 25 Abs. 1 und 2 SGB V genannten Gesundheitsuntersuchungen vor ihrer Erkrankung nachzuweisen.

In diesem Zusammenhang sind ab dem 1.1.2008 für die Anerkennung einer Belastungsgrenze von 1 v. H. die Voraussetzungen des § 4 der "Chroniker-Richtlinie" des Gemeinsamen Bundesausschusses zu prüfen, wenn als chronische Erkrankung eine Krebserkrankung der weiblichen Brust, des Darmes oder der Zervix (des Gebärmutterhalses) vorliegt und es sich bei dem Versicherten um einen Mann, geboren nach dem 1.4.1962 oder um eine Frau, geboren nach dem 1.4.1987 handelt. Dabei gilt eine Beratung über Chancen und Risiken einer Gebärmutterhalskrebs-, Darmkrebs- bzw. einer Brustkrebsfrüherkennung durch das Mammographie-Screening als Erfüllung der Teilnahme gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 SGB V.

Im Übrigen muss für die sonstigen Gesundheits- und Früherkennungsuntersuchungen nach § 25 SGB V zur Bestimmung der Belastungsgrenze nach § 62 Abs. 1 Satz 3 SGB V weder eine Untersuchung noch eine Beratung durchgeführt werden.

(3)

Die Beratung ist ab dem 1.1.2008 in einem Zeitraum von zwei Jahren nach Beginn der jeweiligen Anspruchsberechtigung 1 wahrzunehmen und zu dokumentieren, soweit die Versicherten nicht bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden. Besteht in diesem Zeitraum keine oder keine ununterbrochene Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung, ist die Beratung statt dessen innerhalb der ersten zwei Jahre der Mitgliedschaft nach Beginn der jeweiligen Anspruchsberechtigung wahrzunehmen.

1Altersgrenzen nach den Krebsfrüherkennungs-Richtlinien (Stand 20. 4.2007): Frauen: Früherkennung von Krebserkrankungen des Genitales ab dem Alter von 20 Jahren, Mammographie-Screening ab dem Alter von 50 Jahren, Untersuchung des Rektums und des übrigen Dickdarms bei Männern und Frauen ab dem Alter von 50 Jahren

Beispiel 26: weibliche Versicherte, geboren am 1.4.1988, erkrankt an Gebärmutterhalskrebs. Erkrankungsbeginn 10.8.2010; Mitglied seit 1.6.2008

Lösung: Das 20. Lebensjahr wird zwar am 31.3.2008 vollendet. Da die Mitgliedschaft in der GKV und ein Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung von Krebserkrankungen des Genitales jedoch erst seit 1.6.2008 besteht, ist eine Beratung bis zum 31.5.2010 nachzuweisen.

(4)

Damit ist die jeweilige Beratung in folgenden Fällen frühestens von den nachfolgend beschriebenen Zeitpunkten an nachzuweisen:

a) bei einem Gebärmutterhalskrebs und einem Erkrankungsbeginn nach dem 31.12.2009,

b) bei einer Darm- oder Brustkrebserkrankung einer Frau und einem Erkrankungsbeginn nach dem 1.4.2039,

c) bei einer Darmkrebserkrankung eines Mannes und einem Erkrankungsbeginn nach dem 1.4.2014.

(5)

Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung sind Versicherte mit schweren psychischen Erkrankungen nach Nummer 9 der Richtlinien über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 37a in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Soziotherapie-Richtlinien) oder geistig wesentlicher Behinderung im Sinne von § 2 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) sowie Versicherte, die bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden.

(6)

Werden die Voraussetzungen nach den Absätzen 2 bis 5 vor dem im Muster 55 genannten Beginn der Erkrankung erfüllt, gilt für die weitere Dauer der Behandlung der chronischen Erkrankung eine Belastungsgrenze von 1 v. H. Diese Entscheidung ist, unter den Einschränkungen des Abschnittes 5.3.2, für die weitere Dauer der Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung gültig.

(7)

Werden die Voraussetzungen nach den Absätzen 2 bis 5 vor dem im Muster 55 genannten Beginn der Erkrankung nicht erfüllt, gilt mit Ausnahme der Fälle nach Absatz 8 und 9 für die weitere Dauer der Behandlung der chronischen Erkrankung eine Belastungsgrenze von 2 v. H., ein Nachholen der Voraussetzungen ist nicht möglich.

Beispiel 27: weibliche Versicherte, geboren am 2.4.1988, erkrankt an Gebärmutterhalskrebs.

a) Erkrankungsbeginn 1.4.2009

b) Erkrankungsbeginn 1.4.2012

Lösung a): Da die Erkrankung vor Ablauf der zweijährigen Frist zur Inanspruchnahme der Beratung eingetreten ist, ist die Voraussetzung nach Absatz 2 (Inanspruchnahme der Beratung) nicht zu erfüllen.

Lösung b): Für die Zeit vom 2.4.2008 bis zum 1.4.2010 ist eine Beratung nachzuweisen, da Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung von Krebserkrankungen des Genitales besteht.

Beispiel 28: männlicher Versicherter, geboren am 15.2.1970

a) Herzerkrankung, Beginn 1.7.2013

b) Darmkrebserkrankung, Beginn 1.7.2013

Lösung a): Eine Untersuchung nach § 25 Abs. 1 SGB V ist im Hinblick auf die Erkrankung nicht erforderlich.

Lösung b): Es ist keine Beratung nachzuweisen, da auf die Untersuchung nach § 25 Abs. 2 SGB V zum Zeitpunkt der Erkrankung noch kein Anspruch besteht (Anspruch ab 15.2.2020, Tag nach Vollendung des 50. Lebensjahres).

Beispiel 29: weibliche Versicherte, geboren am 2.4.1988

a) Herzerkrankung, Beginn 1.7.2013

b) Gebärmutterhalskrebserkrankung, Beginn 1.7.2013

c) Brustkrebserkrankung, Beginn 1.7.2013

Lösung a): Eine Untersuchung nach § 25 Abs. 1 SGB V ist im Hinblick auf die Erkrankung nicht erforderlich.

Lösung b): Für den Zeitraum vom 2.4.2008 bis zum 1.4.2010 ist eine Beratung nachzuweisen, da Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung von Krebserkrankungen des Genitales bestand.

Lösung c): Es ist keine Beratung nachzuweisen, da auf eine Untersuchung nach § 25 Abs. 2 SGB V zu dieser Erkrankung zum Zeitpunkt der Erkrankung noch kein Anspruch besteht (Anspruch ab 2.4.2038, Tag nach Vollendung des 50. Lebensjahres).


(8)

Nimmt der Versicherte an einem strukturierten Behandlungsprogramm für seine Erkrankung teil, gilt für die Dauer der Teilnahme der Nachweis der Voraussetzungen nach Absatz 2 als erbracht. In diesen Fällen beträgt die Belastungsgrenze frühestens mit dem Beginn des Kalenderjahres der Teilnahme 1 v. H.. Abweichend vom Absatz 6 gilt die weitere Anerkennung der abgesenkten Belastungsgrenze jedoch nur in den Kalenderjahren, in denen die Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm nachgewiesen wird.

Beispiel 30: weibliche Versicherte, geb. 2.4.1988, erkrankt an Gebärmutterhalskrebs, Erkrankungsbeginn 1.10.2010, die notwendige Beratung wurde nicht in Anspruch genommen. Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm vom 1.1.2013 bis 31.12.2015 und ab 1.1.2017.

Lösung: Die Belastungsgrenze beträgt in den Kalenderjahren 2011, 2012 und 2016 2 v. H., in den Kalenderjahren 2013 bis 2015 und ab 2017 1 v. H..

(9)

Wenn die Voraussetzungen der Absätze 2 bis 5 nicht erfüllt sind, jedoch eine weitere schwerwiegende Krankheit in Dauerbehandlung vorliegt oder hinzutritt, für die die Voraussetzungen des § 4 der "Chroniker-Richtlinie" des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht zu prüfen ist, ist 1 Jahr nach Behandlungsbeginn und für die weitere Dauer der Behandlung der weiteren schwerwiegenden Krankheit eine Belastungsgrenze von 1 v. H. anzuerkennen.

Beispiel 31: weibliche Versicherte, geb. 2.4.1988, erkrankt an Gebärmutterhalskrebs, Erkrankungsbeginn 1.10.2010, die notwendige Beratung wurde nicht in Anspruch genommen.

a) Dauerbehandlung eines Hypertonus seit 1.7.2010

b) Dauerbehandlung eines Hypertonus seit 1.7.2012

Lösung zu a): Die Belastungsgrenze beträgt 1 v. H. ab dem Jahr 2011.

Lösung zu b): Die Belastungsgrenze beträgt 2 v. H. für das Jahr 2011 und 2012, ab dem Jahr 2013 1 v. H..

5.3.2 Nachweis der Fortdauer der Behandlung in den Folgejahren

(Anmkerkung von KV-media: vgl. hierzu auch BE vom 14./15.12.2011, TOP 2)

(1)

Ein erneuter Nachweis über die weitere Dauer dieser Behandlung ist spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres, somit alle 2 Jahre zu erbringen. Hiervon wird jedoch abgesehen, wenn keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Verbesserung der gesundheitlichen Verhältnisse vorliegen.

(2)

Eine Bescheinigung über die Fortdauer der chronischen Erkrankung darf vom Arzt grundsätzlich nur ausgestellt werden, wenn er ein therapiegerechtes Verhalten des Versicherten festgestellt hat. Nach § 3 Abs. 4 der "Chroniker-Richtlinie" des Gemeinsamen Bundesausschusses bestätigt der Arzt mit dem Ausstellen des Musters 55 gleichzeitig, dass ein therapiegerechtes Verhalten des Versicherten vorliegt. Vom weiteren Vorliegen des therapiegerechten Verhaltens kann der Arzt solange ausgehen, wie der Versicherte ihm gegenüber nicht ausdrücklich erklärt, dass er sich entgegen dem mit dem Arzt abgesprochenen Behandlungsplan verhalten hat und dies auch weiterhin tun wird.

(3)

Ausgenommen von der Notwendigkeit der Feststellung des therapiegerechten Verhaltens sind:

a) DMP-Teilnehmer (analog § 62 Abs. 1 Satz 7 SGB V) sowie kraft der "Chroniker-Richtlinie"

b) Kinder/Jugendliche unter 18 Jahren,

c) Versicherte in Pflegestufe II/III nach dem 2. Kapitel SGB XI,

d) Versicherte mit einem Grad der Behinderung (Schädigungsfolgen) von mindestens 60 oder Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 %.

(4)

Sofern ein Nachweis nach Absatz 2 nicht erbracht wird, gilt eine Belastungsgrenze von 2 v. H. bis der Nachweis nachgeholt wird.

Beispiel 32: Anerkennung der abgesenkten Belastungsgrenze ab dem Jahr 2013. Bei Antragsstellung für das Jahr 2015 wird der geforderte Nachweis nach Muster 55 nicht erbracht.

a) Der Nachweis wird im Jahr 2016 rückwirkend für das Jahr 2015 ausgestellt und ein-gereicht.

b) Der Nachweis wird im Jahr 2015 wegen eines nicht therapiegerechten Verhaltens nicht ausgestellt, im Jahr 2016 attestiert der behandelnde Arzt wiederum die Fortdauer der Behandlung und damit des therapiegerechten Verhaltens.

c) Der Versicherte gehört ab 1.12.2015 zu einem Personenkreis, der den Nachweis nicht erbringen muss (vgl. Absatz 3).

Lösung zu a): Bei Bearbeitung des Antrages für das Jahr 2015 gilt zunächst eine Belastungsgrenze von 2 v. H.. Mit dem Nachreichen des Nachweises im Jahr 2016 kann rückwirkend eine Belastungsgrenze von 1 v. H. für das Jahr 2015 anerkannt werden.

Lösung zu b): Für das Jahr 2015 gilt eine Belastungsgrenze von 2 v. H., eine Neuberechnung der Belastungsgrenze für 2015 aufgrund dieses Nachweises ist jedoch ausgeschlossen. Für das Jahr 2016 gilt eine Belastungsgrenze von 1 v. H..

Lösung zu c): Für das Jahr 2015 kann eine Belastungsgrenze von 1 v. H. anerkannt werden.


6. Inkrafttreten

Diese Verfahrensgrundsätze treten am 1.1.2011 in Kraft und ersetzen die Verwaltungsvereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zu § 62 SGB V vom 22./23.1.2008. Sie gelten für alle Anträge auf Erstattung, Befreiung oder Vorauszahlung nach § 62 SGB V, soweit sie Zeiträume nach dem 31.12.2010 betreffen.

7. Erklärung zur zukünftigen Nichtanwendung

Eine Krankenkasse kann mit vierteljährlicher Frist zum Ende eines Kalenderjahres erklären, die Verfahrensgrundsätze ab dem Folgejahr nicht mehr anzuwenden. Die Erklärung ist gegenüber dem GKV-Spitzenverband abzugeben. Sie kann auch über den jeweiligen Verband der Krankenkasse auf Bundesebene an den GKV-Spitzenverband abgegeben werden. Die landwirtschaftlichen Krankenkassen geben die Erklärung ausschließlich gegenüber dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ab, der den GKV-Spitzenverband entsprechend informiert.


Anlagen
Anlage 1: Mustervordruck zur Ermittlung der Grundlagen für eine Befreiung
Anlage 2: Mustervordruck zur Dokumentation der Feststellungen der zuerst angegangenen Krankenkasse
Anlage 2 a: Mustervordruck zur Dokumentation der Feststellungen der zuerst angegangenen Krankenkasse bei Vorauszahlungen
Anlage 3: Muster eines Quittungsheftes